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Physiker kooperieren mit Brasilien

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Grün sind sie beide: Der Hubland-Campus und der Campus der Universidade Federal de São Carlos UFSCar. Nur dass in Würzburg die Palmen fehlen – und die Affen, die in São Carlos hin und wieder einen Abstecher vom benachbarten Regenwald auf das Unigelände wagen.

Was jetzt aber nicht so verstanden werden darf, dass die UFSCar provinziell oder gar hinterwäldlerisch sei. Ganz im Gegenteil: „In manchen Bereichen sind die Labors dort besser ausgestattet als unsere hier in Würzburg. Da könnte ich glatt neidisch werden“, sagt Dr. Fabian Hartmann. Vor allem, wenn es um Messungen bei sehr tiefen Temperaturen oder in extrem starken Magnetfeldern geht, sei die experimentelle Ausstattung der UFSCar exzellent.

Das Forschungsprojekt

Fabian Hartmann ist Physiker; als PostDoc forscht er am Lehrstuhl für Technische Physik der Universität Würzburg, einem Lehrstuhl, der schon seit vielen Jahren mit Physikern der UFSCar kooperiert. Seit Anfang 2013 läuft dort ein gemeinsames Forschungsprojekt, in dessen Mittelpunkt Eigenschaften nanoelektronischer und nanooptischer Halbleitersysteme stehen. „Wir hier in Würzburg stellen Sensoren her, die bei der Datenübertragung in Glasfaserkabeln Verwendung finden. Die Theoretiker in Brasilien helfen uns dabei, die Bauteile zu verbessern“, fasst Hartmann den Kern des Projekts zusammen.

Finanziert wird das Projekt von BAYLAT, dem Bayerischen Hochschulzentrum für Lateinamerika, und entsprechenden Geldgebern in Brasilien. BAYLAT ist eine staatliche bayernweit tätige Serviceeinrichtung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die internationale Vernetzung von bayerischen und lateinamerikanischen Hochschulen zu fördern.

Ein Sensor für einzelne Lichtteilchen

Damit Informationen in Form von Licht möglichst verlustfrei durch ein Glasfaserkabel transportiert werden können, muss das Licht bestimmte Eigenschaften besitzen. Beispielsweise kommen dafür zwei Wellenlängen in Frage: 1310 und 1550 Nanometer. Auf genau diese Wellenlängen sollte deshalb auch der Sensoren reagieren, und zwar so sensibel wie möglich. Außerdem sollte er das Signal möglichst effizient detektieren und verstärken können.

Galliumarsenid bildet die Basis für den Lichtsensor der Würzburger Physiker; allerdings kein gewöhnliches. „Normalerweise ist die Bandlückenenergie von Galliumarsenid zu groß für diese beiden Wellenlängen“, sagt Hartmann. Der Sensor würde somit nicht auf die Signale aus der Glasfaser reagieren. Deshalb mussten die Physiker den Halbleiter modifizieren, weshalb hier ein sogenannter „quaternärer Verbindungshalbleiter“ auf Galliumarsenid-Basis Verwendung findet. Spiegelpaare zur Effizienzerhöhung und eine Resonanztunnelstruktur zur Verstärkung der Signale sind weitere wichtige Bestandteile des Sensors.

Produktion unter extremen Bedingungen

Wenige millionstel Meter groß sind die Detektoren der Würzburger Physiker. Hergestellt werden sie im Lehrstuhl-eigenen Gottfried-Landwehr-Labor für Nanotechnologie, dem früheren Mikrostrukturlabor. Dort herrschen optimale Bedingungen für die präzise Produktion von Halbleiterstrukturen, die nur wenige Nanometer groß sind. So muss unter anderem die Laborluft frei von Staub sein; elektromagnetische Störungen müssen genauso ausgeschlossen sein wie mechanische. Schließlich würde bereits ein Lkw, der an einem gewöhnlichen Gebäude vorbeifährt, Erschütterungen verursachen, die die notwendige Ordnung in den winzigen Strukturen zerstören können. Das Labor für Nanotechnologie ist durch seine besondere Konstruktion dagegen gefeit.

Inzwischen ist die Arbeit in dem Projekt weit fortgeschritten: „Proben der Sensoren existieren bereits“, sagt Fabian Hartmann. Jetzt gehe es darum, diese zu verbessern und vor allem ihre Sensitivität zu erhöhen. „Dabei helfen uns die Theoretiker aus Brasilien“, so der Physiker. Wenn die Wissenschaftler in Würzburg bei ihren Messungen der Lichtsensitivität beispielsweise feststellen, dass die Rekombinationszeit des Sensors ungewöhnlich hoch ist, können die Theoretiker in Brasilien die Ursachen dafür ergründen und deuten. Mit diesem Wissen können dann die Bauteile im Labor verändert und verbessert werden.

Einzelne Lichtteilchen sind das Ziel

Ein Lichtteilchen, ein sogenanntes Photon, trifft auf den Sensor und löst damit einen elektrischen Puls aus: Das ist ein Ziel der gemeinsamen Forschung. Denn ein solcher Einzelphotonendetektor ist notwendig, um Informationen in Form einzelner Lichtteilchen durch Glasfaserkabel quer über den Erdball zu verschicken. „Im Prinzip“ sei die Würzburger Entwicklung inzwischen marktreif, sagt Fabian Hartmann. Denn beispielsweise sind nicht einmal extrem tiefe Temperaturen notwendig, damit der Detektor arbeitet – er funktioniert auch bei Raumtemperatur.

Werden Fabian Hartmann und seine Kollegen die Kooperation mit Brasilien denn dazu nutzen, während der Fußball-Weltmeisterschaft einen Abstecher dorthin zu machen? Nein, ganz im Gegenteil: „Dann sind die Flüge und die Hotelzimmer so teuer, dass wir das nicht aus unserem Etat bezahlen könnten“, sagt Hartmann. Unter anderem deshalb habe das Team sein Treffen auf den Mai gelegt.

Die Universidade Federal de São Carlos

Die Universidade Federal de São Carlos wurde 1968 im brasilianischen Bundesstaat São Paulo gegründet. Im Jahr 2012 waren rund 17.000 Studenten eingeschrieben, denen Abschlüsse in 57 Fächern angeboten werden. Gegliedert ist die Universität in 33 wissenschaftliche Abteilungen, die in vier Zentren zusammengefasst sind. Der Hauptcampus befindet sich in São Carlos.

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Kontakt

Dr. Fabian Hartmann, Lehrstuhl für Technische Physik, T: (0931) 31-88579,
Opens window for sending emailfhartmann@physik.uni-wuerzburg.de


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